Marin Montagut: Verborgene Schätze in Paris

 

Paris verzaubert seine Besucher nicht nur mit dem Eiffelturm, Louvre und Prachtstrassen wie den Champs Élysées, es sind auch die versteckten kleinen Gassen mit Cafés, Bistros, authentischen Läden und Ateliers, die der Stadt ihren Charme verleihen. Es sind Manufakturen und Traditionsgeschäfte, die den Besucher diesen Zauber spüren lassen und die bemerkenswerte Produkte anbieten.

 

Auf der Suche nach diesen besonderen Adressen begibt sich Marin Montagut mit seinem Buch „Verborgene Schätze in Paris“ auf eine Entdeckungsreise durch die Arrondissements und nimmt seine Leser zu 19 zauberhaften Orten, die aus der Zeit gefallen zu sein scheinen, mit.

 

Wie zum Beispiel in die „Passementerie Verrier“ im 20. Arrondissement, wo mehr als 300 Borten auf alten Jacquard-Webstühlen seit 1901 mit der Hand hergestellt werden können. Mit unglaublicher Fingerfertigkeit schöpften Frauen aus unzähligen Dosen mit buntem Garn, um Gardinenraffhalter, Kordeln und Rosetten herzustellen oder auch dekorative Troddeln und Quasten, die Kissen verschönern oder edle Bettüberwürfe verzieren. Die jetzige Inhaberin übernahm 2018 den Laden, erfand die Posamenterie neu und ist zu einer gefragten Adresse bei Innenausstattern avanciert.

 

Ein weiteres Ziel ist die „Herboristerie de la Place Clichy“, eine 1880 gegründete wunderschöne Kräuterhandlung, die 1941 beinahe den neuen Bestimmungen zum Opfer gefallen wäre, als nur noch Apotheker bewährte Hausmittel und Kräuter verkaufen durften. Die Kräutermischungen und Tees werden noch heute in kleinen weissen Papiertüten mit handgeschriebenen Etiketten angeboten und schon der Duft im Laden lohnt einen Besuch.

 

Geschäfte mit Künstlerbedarf wie  „La Maison du Pastel“ mit handgefertigten Pastellkreiden oder der Farbenhändler „Sennelier“, Buch- und Antiquitätenläden, kleine Museen oder ein Raritätenkabinett („Deyrolle“) aus dem Jahre 1831 oder „Ultramod“ sind einen Besuch wert. „Ultramod“ ist ein Kurzwarengeschäft der besonderen Art im 2. Arrondissement. Aus einem Putzmachergeschäft aus dem Jahre 1832 hat der heutige Inhaber das Flair des alten Ladens erhalten und bietet neben edlen Seidenbändern und Garnen, Hüten und Schleiern und weiteren Kuriositäten allein ca. 30.000 bis 40.000 verschiedene Knöpfe an. Die alten Regale reichen bis zur Decke.

 

Wer nicht gleich nach Paris aufbrechen will, kann mit diesem Buch ins Schwärmen geraten. Marin Montagut, dessen Eltern Antiquitätenhändler waren, die Grossmutter Malerin, ist der Umgang mit schönen Dingen von Kindheit an vertraut. Er liefert nicht nur die Geschichte(n) zu jedem Laden, sondern fängt mit seinen Aquarellen, Collagen und den dazugehörigen wunderbar grossen Fotos, die Ludovic Balay, Pierre Musellec und Romain Ricard aufgenommen haben, die Stimmung der Läden und Manufakturen ein. Und er führt selbst ein Ladengeschäft: „Marchand d’objects en tous genres“ steht auf der Fassade – „Händler von Objekten aller Art“, eine Art Wunderkammer im 6. Arrondissement mit allerlei Kuriositäten, Ausgefallenem und Schönem für seine Besucher.

 

Nicht nur für Liebhaber alter Handwerkskunst, schöner Bücher und Paris gleichzeitig ist dieser Buchtipp eine Empfehlung. Auf 256 Seiten entfaltet sich ein buntes Feuerwerk aus Fotografien, Texten, Collagen und Aquarellen für Freunde alter individueller Geschäfte, die wir bei der vielfachen Austauschbarkeit unserer Innenstädte mit Kettenfilialisten und Burgerläden so sehr vermissen, aber auch eine Empfehlung für alle, die in Paris den Eiffelturm schon gesehen haben. 

 

 

Marin Montagut: Verborgene Schätze in Paris, DuMont Buchverlag, Köln 2022, ISBN 978-3-8321-6919-0, 32 EUR

 

 

 

 

 

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