Daniel Kalt: Staat tragen

 

Mode ist Ausdruck einer individuellen Haltung. Doch was geschieht, wenn man sich um ein politisches Amt bewirbt? In seinem Buch „Staat tragen“ legt Daniel Kalt, promovierter Moderedakteur der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“, über das Verhältnis von Politik und Mode eine Typologie der modischen „Message Control“ vor und kommt zu dem Schluss: Der Dresscode in der Politik ist kein Zufall, sondern folgt klaren Regeln, die der Autor in dem 216 Seiten umfassenden Buch darlegt und analysiert.

 

Unsere gegenwärtige Zeit ist medial übersättigt und so wird in einer Welt der Bilder auch Mode gezielt eingesetzt. Was wir sehen, formt, was das Publikum über seine Amtsträger denkt. Politikerinnen und Politiker beschäftigen eigens dafür Stylisten und Fotografen. So ging jüngst durch die Presse, dass die Aussenministerin Baerbock allein pro Jahr 136.000 Euro für eine Visagistin aufwendet („Die Welt“ vom 29.1.2023).

 

Mit Mode werden Botschaften gesendet. Seit einem Jahr sehen wir den ukrainischen Präsidenten Selensky in verschiedenen militärischen Outfits. Er unterstreicht seine vielfältigen Auftritte durch diese Kleidung als Botschaft ans eigene Volk und an die Welt.

Interessant stellt der Autor die Wandlung dieses Politikers dar: Trat er zunächst in Anzügen auf, dann in kurzärmligen T-Shirts in olivgrün, so trägt er jetzt Pullover mit ukrainischem Kreuz mit Wappenfunktion. Daniel Kalt diagnostiziert die hybride halb militärische, halb athletische Form der Kleidung als Kennzeichnung der auch optischen Signale des Präsidenten.

 

Ob Angela Merkel im Abendkleid in Bayreuth, Barak Obama in Trachtenkleidung vor dem Gipfel in Elmau oder Joschka Fischers Turnschuhe, die 2021 von einem Gesundheitsminister in Österreich neu aufgelegt wurden - der Autor findet vielfältige Beispiele für die Politikermode und setzt sich mit den verschiedenen Stilmitteln der Macht auseinander, nicht ohne am Schluss darauf zu verweisen, dass die berühmte „weisse Weste“ Politiker am besten kleidet.

 

Das Buch kommt ohne Fotos aus, wartet dafür aber mit Illustrationen von Nina Ober im Stil der „Papier-Ankleidepuppen“ auf, jenem preiswerten Kinderspielzeug, das in längst vergangenen Jahrzehnten den Glamour der Mode vermittelte, so dass man sich Angela Merkels Blazer oder Margaret Thatchers Handtasche wieder vors innere Auge rufen kann.

 

Der Autor hat mit diesem Buch das Anliegen, ein Grundlagenwerk zur Typologie mit Politikbezug vorzulegen, das allerdings mit seinem umfangreichen Verzeichnis der Anmerkungen und Quellen eher in Richtung akademischer Bereich anzusiedeln ist. Mit sehr vielen Anglizismen durchsetzt und in genderangepasster Sprache in teils verschachtelten Sätzen geschrieben, ist es nicht so leicht zu lesen wie man es bei dem Thema Mode erwarten würde, ist also eher Studien- als Bettlektüre.

 

 

 

Daniel Kalt: Staat tragen, Über das Verhältnis von Mode und Politik, Kremayr & Scheriau, Wien 2023, ISBN 978-3-218-01355-0, 24 EUR

 

 

 

 

 

 

 

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